Trotz vieler Rückschläge ist Friedrich Merz nun da angekommen, wohin er immer gestrebt hat: ganz oben. Er ist nun Bundeskanzler und unser oberster Mainsteamer.
Im Jahr 2008 hat er pünktlich zum Bankrott der Lehmann-Bank und der dadurch ausgelösten Banken- und Wirtschaftskrise ein Buch herausgegeben: „Mehr Kapitalismus wagen!“ Ich habe es gekauft in der Annahme, er hätte sein Metier gewechselt und wäre unter die Witzbolde gegangen. Aber weit gefehlt: Er meint es todernst und das Buch ist gewissermaßen sein Glaubensbekenntnis. Zu einem unpassend gewählten Zeitpunkt verteidigt er bekannte Positionen zum Kapitalismus und Liberalismus, doch leider nur aus der etwas verengten Sicht eines sehr vermögenden Juristen, der jahrelang die Interessen von Banken und Konzernen vertreten hat.
An einer Stelle seines Buches erwähnt er beiläufig, dass von den Banken täglich Gelder, Währungen und Wertpapiere im Wert von 2 bis 3 Billionen Euro täglich! - um den Globus gehetzt werden. Das ist ein Betrag, der der Wirtschaftsleistung ganz Deutschlands in - einem Jahr! - entspricht.
Ich war bis dahin immer der Meinung, dass die Aufgabe der Banken darin besteht. Gelder von Sparern einzusammeln und diese als Kredite an Industrie und Handwerk weiter zu geben. Natürlich auch an Privatpersonen, die z.B. zum Bau einer Hauses einen Kredit brauchen. Reichen die Einlagen der Banken nicht, um alle Kreditwünsche zu erfüllen, können sie ihrerseits nahezu unbegrenzt Kredite bei der Zentralbank (EZB) aufnehmen .
Das Geschäftsmodel heutiger Banken funktioniert offenbar ganz anders und zwar so, dass mit der Geldverschieberei viele Milliarden verdient werden. Wie dass im einzelnen funktioniert, weiß ich nicht, aber es funktioniert so, dass die Vertreter dieses Systems sich gegenseitig Jahreseinkommen in zwei oder dreistelliger Millionenhöhe zuschieben. Das Gleiche gilt auch für die Manager großer Industriefirmen. Auf wessen Kosten geht das alles?
Hierzu einige Zahlen aus der Vergangenheit:
Im 19. Jahrhundert hatte Ernst Abbe, der geniale Techniker und Manager der Firma Zeiss in Jena aus einem Handwerksbetrieb eine Weltfirma gemacht. Als Gehalt beanspruchte er das Zehnfache dessen, was ein dort beschäftigter Arbeiter verdiente.
Im Jahr 1968 hatte der bestverdienende Manager der USA bei GM ein Einkommen, das dem Sechzigfachen seiner Arbeiter entsprach.
Heute (2022) hat in den USA das Gehalt einiger Spitzenmanager das Tausendfache eines Normalverdieners schon überschritten. Das nenne ich legalisiertes Gangstertum. Papst Franziskus nennt es in seiner Enzyklika Laudato Si …..ein strukturell perverses System von kommerziellen Beziehungen und Eigentumsverhältnissen.“
Herr Merz, eine ehemals treibende Kraft in diesem System, ist wohl der Letzte, der etwas daran ändern wird. Er ist nun an der Macht , und ich befürchte dass er Haushaltslöcher mit Kürzungen aus dem Sozialbereich stopfen wird.