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Vorbemerkung

Ich bin nun schon über 15 Jahre Rentner und da ich nun Zeit habe und gerne schreibe, ist eines meiner Hobbys das Verfassen von Leserbriefen. 1998 habe ich damit angefangen und bis jetzt ist ein Aktenordner schon fast voll. So habe ich z.B. bisher 78 Lesebriefe an meine Tageszeitung, die Kölnische Rundschau, geschrieben, von denen bisher 38 veröffentlicht wurden. Mit weiteren Leserbriefen an andere Publikationen dürften es mehr als hundert sein. Um aktuell zu sein und eine Chance zur Veröffentlichung zu haben, sind alle Briefe unter Zeitdruck "mit Heißer Nadel" gestickt, Irrtum und Unsinn eingeschlossen. Ich hätte mit ruhiger Überlegung manches anders formuliert. Nachfolgend habe ich eine kleine Auswahl getroffen. Einleitend steht zum besseren Verständnis ein kurzer Kommentar zu den Anlässen und wann und in welcher Publikation diese Briefe erschienen sind bzw. erscheinen sollten. Wurden sie veröffentlicht, habe ich das vermerkt.

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Leserbriefe 1998 - 2005.

In der WIRTSCHATSWOCHE Nr.10/1998 erschien eine Titelge­schichte über die Leistung der Manager und sonstigen Leistungs­träger und wie sehr diese verdienstvollen Menschen dem Neid ihrer Mitbürger ausgesetzt sind. Lese ich in der Wirtschaftspresse etwas zum Thema „Manager“ oder „Leistung“ oder „Shareholder Value“ oder „Global Player“ sehe ich rot. Daher habe ich mich oft und fast schon mit einer gewissen Besessen­heit dazu geäußert. So auch hier. Seien Sie daher auf Wiederholungen gefasst.

Bekanntlich ist überall in der Welt die Leistung der einzige Maßstab für die Entlohnung. Aber nur hier in Deutschland ruft eine leistungs­gerechte Bezahlung Neid und Missgunst hervor. Amerika, du hast es besser: Da habe ich gelesen, dass dort vor 20 Jahren die Manager von Großbetrieben mit etwa dem 50-fachen des Durchschnittsver­dienstes ihrer Mitarbeiter entlohnt wurden. Heute liegt das Verhältnis bei dem 200-fachen. (Heute = 1998, und da ging es erst richtig los!) Neidlos wie die Amerikaner nun einmal sind, sagen sich dort die Normalverdiener: Geht in Ordnung! Schließlich leisten die Manager auch viermal so viel wie vor zwanzig Jahren. Wenn auch die Entwicklung in Deutschland der amerikanischen etwas hinterherhinkt, sind wohl die Zeiten nicht mehr fern, in denen unsere Manager ihre Leistung so ungeheuer steigern werden, dass sie mit dem Tausendfachen des Einkommens eines Normalverdieners entlohnt werden. Dafür werden sie uns dann herrlichen Zeiten entgegen führen.

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Am 09.03.1999 habe ich aus Anlass eines ähnlichen Artikels in der WIRTSCHAFTSWOCHE Nr.10/99 an den Chefredakteur, Herrn Baron, einen Brief geschrie­ben.

Sehr geehrter Herr Baron, es ist selbstverständlich, dass Sie die Interessen Ihrer Klientel vertreten. So weit OK. Was mir dabei Sorgen macht ist Folgendes: Nach dem Sieg des Kapitalismus über den Kommunismus haben die Kapitaleigner und ihre Manager unverzüglich zum Sturm auf die nächste Bastion angesetzt: Die faktische Entmachtung  aller Regie­rungen, die nicht bereit sind, nach dieser unsäglichen Shareholder-Value- und Global-Player-Pfeife zu tanzen.  Der Endausbau der Kapitalismus, der in unserem Gelobten Land, den USA, schon teilweise Wirklichkeit ist, könnte dann so aussehen: Unser Schumi, der mit ungeheuerlichem Leistungswillen Autos schnell um scharfe Kurven lenken kann, ist mit einer Million pro Woche sicherlich unterbezahlt. Seine Einkünfte werden auf eine Million pro Tag erhöht. (DM, nicht Lire). Herr Schremp, mit seinem ungeheuerlichen Leistungswillen bei  unsinnigen Fusionen (Man beachte das Datum meines Briefes!) gilt bei seinen Kollegen in den USA als Sozialfall. Daher wird sein Einkommen von 2 Millionen DM auf 20 Millionen pro Jahr angeho­ben. (Dollar, nicht DM). Alle deutschen Manager mit ihrem ungeheuerlichen Leistungswillen bei der Auslagerung von Produktionen und bei der Entlassung von Arbeitern werden dafür endlich angemessen honoriert: 10 Millionen DM als untere Grenze. Alle Chefredakteure von Wirtschaftszeitungen mit ihren ungeheuerli­chen Leistungswillen beim Miesmachen des Wirtschaftsstandortes Deutschland und bei der Bekämpfung der jetzigen Regierung haben Anspruch auf ein Jahresgehalt von 2 bis 5 Millionen DM, je nach Schärfe ihrer Beiträge. Herr Baron erhält für die besonders gut gelungenen Ausgaben der WIRTSCHAFTSWOCHE Nr.10/98 betreffend Neid und Nr.10/99 betreffend Panikmache eine Sonder­prämie in noch auszuhandelnder Höhe.  Alle diese ungeheuerlich Leistungswilligen leben dann in einem Villengetto, behütet von einer privaten Polizeitruppe. Die Arbeits­plätze, die in der Produktion verloren gingen, werden hier auf dem Dienstleistungssektor teilweise neu geschaffen: Ein Hausmeister und ein Nachtwächter für die Villa, ein Gärtner für den Park, eine Köchin, eine Putzfrau, ein Chauffeur und eine Gesellschaftsdame für die Frau Gemahlin, eine Erzieherin, ein Hauslehrer und ein Chauffeur für die Kinder, ein Chauffeur und ein Diener für den Herren und noch einige Leibwächter für die ganze Familie.  Alle erhalten so um die 400 DM im Monat zuzüglich freie Kost und Logis. Sie müssen an mindestens 340 Tagen im Jahr zur Verfügung stehen bei einer Arbeitszeit von etwa 10 Stunden täglich. Rechte Lebensfreude wird in diesem Getto nicht aufkommen, denn draußen lungert an allen Ecken und Enden der dienstleistungsunwil­lige Abschaum der Gesellschaft und ist von Neid erfüllt zu jeder Schandtat bereit. Viel Spaß für die Zukunft.

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Am 14.10.99 wurde in der KÖLNISCHEN RUNDSCHAU ein Leserbrief von mir veröffentlicht, den ich zu dem damals gerade aktuellen Thema der „Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter“  geschrieben habe.

Ich halte eine Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter für berech­tigt. Doch frage ich mich, wieso diese Forderungen nach mehr als einem halben Jahrhundert gestellt werden können, wo doch die Verfolgung selbst schwerster Verbrechen nach 20 Jahren verjährt. Und wieso haben US-Anwälte und Gerichte mit ihrer pervertierten Juristerei darüber zu befinden und dann noch für Leute die größten­teils  keine US-Bürger sind, gerade so als wären wir und der Rest der Welt der 51. Staat der USA? Natürlich haben deutsche Firmen die moralische Verpflichtung, mit der gleichen Großzügigkeit, mit der sie Zwangsarbeiter ausgenutzt haben, diese auch ebenso großzügig zu entschädigen. Sie sollten sich jedoch strikt weigern, das unter dem erpresserischen Druck von US-Anwälten vor US-Gerichten zu tun.

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In der Rundschau vom 13.01.2000 wurde wieder einmal über den vor kurzem durch eine Steuererhöhung erneut gestiegenen Benzinpreis gejammert. Die Opposition versuchte unter tatkräftiger  Mithilfe von BILD & Co. eine Art Volksaufstand anzuleiern. Da habe ich mich auch zu Wort gemeldet. Der Brief wurde veröffentlicht

Meine private Rechnung sieht so aus: 1960 verdiente ich als Elektriker 3,40 DM pro Stunde und kaufte mein erstes Auto, einen Käfer. Dieser brauchte so um die 9 Liter pro 100 km, so dass ich bei den damaligen Benzinpreisen von 0,60 bis 0,80 DM pro Liter für einen Stundenlohn ca. 5 Liter  Benzin kaufen und damit gut 50 km weit fahren konnte. Heute verdient man für die Gleiche Tätigkeit ca. 20 bis 24 DM pro Stunde. Ich fahre nun einen Diesel-Pkw. Der ist viel geräumiger sicherer und komfortabler und dreimal so stark wie der Käfer und braucht trotzdem im Schnitt etwas weniger als 6 Liter. Mit einem Stundenlohn kann ich heute (im Jahr 2000!) 15 bis 16 Liter Diesel kaufen und komme damit mindestens 250 km weit. Ich habe keinen Grund zur Klage. Die meisten anderen wohl auch nicht.

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Am 23.01.2000 habe ich an den SPIEGEL geschrieben. Anlass war ein Artikel über die Spendenaffären der CDU.

Nach meiner Einschätzung entspricht das Finanzgebaren der CDU exakt dem eines großen Teiles ihrer eigentlichen finanzstarken Klientel. Wären zur nächsten Bundestagswahl nur diejenigen zugelas­sen, die Konten in der Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein usw. unterhalten, bin ich ganz sicher, dass die CDU 70% bis 90% der abgegebenen Stimmen erhalten würde. Das sind wohl auch die Leute, von denen die CDU ihre obskuren Spenden erhält.

Dieser Leserbrief bedarf eines Nachtrags: Am 22.02.08 kam in den Nachrichten des Deutschlandfunks im Zusammenhang mit der Affäre Zumwinkel/Liechtenstein die Meldung, dass auch 4 ehemalige Bundestagsabgeordnete betroffen sind: Einer von der CDU und drei von der FDP. Da habe ich der CDU wohl Unrecht getan: Die Lumpensammlung konzentriert sich  bei der FDP.

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Anfang Februar 2000 erschien im SPIEGEL Nr.5 ein Artikel über die enormen Steigerungsraten der Aktien. Überschrieben war der Artikel mit „Das Lotterie-Prinzip.“ Mein Leserbrief war wohl etwas zu lang geraten und wurde nicht veröffentlicht. Immerhin schrieb der Spiegel: „Ihre Zuschrift war zur Veröffentlichung im Briefteil vorgesehen. Leider musste dann aus Platzmangel auf den Abdruck verzichtet werden.“ Diese Formulierung fehlt bei den üblichen Ablehnungs­schreiben.

Wenn  ich den Aktienwert der Firma Yahoo und artverwandter Firmen in Relation zur Substanz oder zum Gewinn dieser Firmen setze, fallen mir nur die Attribute „lächerlich“ oder „idiotisch“ ein. Das alles als Lotterie-Prinzip zu bezeichnen, ist nicht richtig; es ist wohl mehr eine besondere Variante des ansonsten verbotenen Schneeball-Systems: Ein Engagement in diesen Aktien ist eine höchst riskante Dummheit, die sich sofort in Cleverness verwandelt, sobald ein weiterer Dummer gefunden wird, der einem den Einsatz mit Gewinn zurückzahlt. Das Spiel geht so weiter, bis die Spekulationsblase platzt und den Letzten die Hunde beißen. Tritt der erwartete Crash erst in ein oder zwei Jahren ein und steigen die Aktien so wie in der letzten Zeit weiter, steht uns wohl bald die feindliche Übernahme z.B. der Telekom oder der Firma Siemens durch Yahoo bevor, siehe Vodafon/Mannesmann. Insofern wäre dann der astronomische Kurs weder lächerlich noch idiotisch. In dem Fall wäre dann wirklich genügend Substanz  zum hemmungslosen Globalplayern und Schareholdern vorhanden, d.h. zum Abbau  sozialer Standards, zum Lohndumping, zu Entlassungen, zum Verramschen oder zur Auslagerung von Unternehmensteilen und zur Anhebung der Managergehälter auf zwei- oder gar dreistellige Millionenhöhe. Das Ganze nennt sich dann „anglo-amerikanische Unternehmenskultur.“ Wohl bekomm’s!

Hinterher ist man immer schlauer. Aber hier war ich vorher schlau und habe ziemlich genau ins Schwarze getroffen.

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In der WIRTSCHAFTSWOCHE Nr.7/2000 wurde u.a. über das Finanzhaus Wyser-Pratte im Zusammenhang mit dem Mannesmann-Untergang berichtet.

Nach der Lektüre Ihrer Beiträge zum Mannesmann-Deal habe ich eine tolle Idee gehabt: Da hat also das Finanzhaus Wyser-Pratte nach den Angaben des Chefs in den letzten 33 Jahren eine jährliche Wertsteige­rung des eingesetzten Kapitals von durchschnittlich 28,9% erzielt. Ich werde dort ganz  schnell für meine Angehörigen je 1000 DM investie­ren mit der Auflage, das Geld mitsamt den jährlichen Wertsteigerun­gen und den Wertsteigerungen der Wertsteigerungen erst nach weiteren 33 Jahren in Anspruch zu nehmen. Wenn mich mein Taschenrechner nicht täuscht, sind meine Kinder mit gut 60 Jahren und meine Enkelkinder mit gut 30 Jahren dann vier- bis fünffache Millionäre. Die laufende Geldentwertung, die diesen Betrag normalerweise etwas relativiert, wird natürlich durch das unvermeidli­che Wirtschaftswachstum, wodurch bekanntlich alles auf dieser Welt, also auch die Wertsteigerung gesteigert wird, mehr als wettgemacht. Jedenfalls werden sich meine Nachkommen in Dankbarkeit meiner erinnern, denn sie können dann bis zu ihrem Lebensende in Saus und Braus leben ohne dafür etwas zu leisten.

Das besagte Finanzhaus kann nie und nimmer das ihm anvertraute Kapital produktiv und einigermaßen sicher eingesetzt haben. Solche Wertsteigerungsraten – falls die Angaben überhaupt stimmen – sind nur mit wüsten und riskanten Spekulationen zu erreichen. Dazu muss man Insiderwissen  haben und eine Finanzkraft, die der Spekulation die gewünschte Richtung geben kann. Das heißt, nicht nur Insiderwis­sen haben, sondern auch Insiderwissen erzeugen. Außerdem komme ich bei diesen Zahlen ins Grübeln über den Wert des Kapitals und der Kapitalgeber in Relation zum Wert produktiver Arbeit. Da ist was faul.

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Das Titelthema der SPIEGEL-Ausgabe Nr.11/2000 waren die Manager. Das war wieder mal der Anlass für einen  Brief, der leider nicht veröffentlicht wurde.

Die „Ehrenwerte Gesellschaft“ der Fondsverwalter, Banker und Manager hat mit ihrer Global-Player-Manie und Shareholder-Value-Masche das geeignete Instrumentarium gefunden, um sowohl ihre Macht- und Geldgier als auch die Gier der Anleger nach Reichtum á la Schlaraffenland gleichermaßen zu befriedigen. Durch den Untergang des Kommunismus ist offenbar die vorher nur so dahinglimmende Leistungsglut unserer Manager so wundersam entfacht worden, dass sie bis heute ihre Leistung und damit ihre Einkommen teilweise auf mehr als das Zehnfache steigern konnten. Aber zutreffender dürfte wohl sein, dass die Manager nicht mehr leisten als das, was sie schon seit eh und je leisten mussten und dass derart exzessive Einkommenssteigerungen von jederzeit ersetzbaren Personen nichts anderes sind als legalisiertes Gangstertum und eine Verhöhnung aller arbeitenden Menschen und aller wirklichen Leistungsträger. Daran ändert sich auch nichts, wenn alle, die sich darüber empören, von interessier­ter Seite als Neider diffamiert und abqualifiziert  werden.

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In der WELT, einer rechts stehenden Zeitung, die sich immer in der Bekämpfung linker Regierungen und als Erfüllungsgehilfin US-amerikanischer und insbesondere US-republikanischer Politik hervortut, erschien am 22.07.2000 eine längere Abhandlung, betitelt „Wem gehört die deutsche Einheit?“ Ganz klar: Kohl, wem sonst! Es ging darum, ob der durch die Spendenaffäre lädierte Kohl zu einer Feier des zehnjährigen Beste­hens der deutschen Einheit in Dresden eingeladen werden sollte. Mit vielen alten Zitaten von SPD-Größen wurde in gekonnter Einseitigkeit das Verdienst Helmut Kohls um die Wiedervereinigung herausgestellt. Der erste Satz dieses Artikels lautete: „Geschichte ist eine viel zu ernste Angelegenheit, als dass man sie den Historikern überlassen könnte.“ Ich habe darauf zum ersten und wahrscheinlich zum letzten Mal an die WELT geschrieben.

Geschichte ist eine viel zu ernste Angelegenheit, als dass man sie den Kohl-Fans der WELT-Redaktion überlassen könnte. Das waren doch bis Ende der achtziger Jahre die Tatsachen, die von Niemandem, der halbwegs bei Verstand war, bestritten wurde, außer von denen, die hinterher schon immer schlauer gewesen sein wollen. Unsere Nachbarn, vorneweg England und Frankreich, waren mit der Teilung Deutschlands recht zufrieden. Jemand von denen hat sich sogar geäußert, dass er Deutschland so sehr liebt, dass er froh ist, dass es zwei davon gibt. Der Ostblock schien fest gefügt und auf Dauer und eine Wiedervereinigung abseits jeder Realität. Das Einzige, was machbar schien, war, diese Tatsachen zu akzeptieren und eine Erleichterung für die Menschen drüben mit einem Wandel durch Annäherung zu versuchen. (WELT: Anbiederung). Oder, wie von Strauß praktiziert, durch Kredite (Ich: Bestechung).  Die markigen und hehren Formulierungen und Forderungen, die von Kohl, der CDU und auch von anderen speziell in Wahlkampfzeiten vorgebracht wurden, waren ebenso verlogen, wie die Krokodilstränen, die in Sonntagsreden unseren „Brüdern und Schwestern“ nachgeweint wurden. Niemand glaubte im Ernst an die Verwirklichung dieser Forderungen. Zum Stimmenfang im rechten Spektrum der Gesell­schaft aber waren sie vorzüglich geeignet.

Nun, die Geschichte nahm völlig überraschend einen für Deutschland überaus glücklichen Verlauf. Wem das größte Verdienst am Zusam­menbruch des Ostblocks und damit an der Wiedervereinigung gebührt, darüber lässt sich trefflich streiten. Kohl jedenfalls steht das Verdienst zu, als die Situation einmal da war, dass er sich als wirklicher Staatsmann erwiesen hat, und der seine guten Beziehungen zu den Mächtigen dieser Welt entschlossen und erfolgreich für Deutschland eingesetzt hat. Der Platz in Dresden steht ihm sicher zu

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Im Juli 2000 stürzte bei Paris eine Concorde ab, die zwei Minuten vorher auf dem Flughafen Charles de Gaulle gestartet war. Es starben dabei 114 Menschen. Das waren besonders attraktive Tote, denn zum ersten Mal verunglückte ein Überschall-Passagierflugzeug und alle Medien waren noch lange voll davon, viel länger jedenfalls, als das bei anderen Flugzeugunglücken mit mehr Toten der Fall war. Der Brief vom 31.07.2000 an die RUNDSCHAU wurde veröffentlicht.

Es war und ist immer die Rede davon, dass das Flugzeug das sicherste Verkehrsmittel ist, wofür man die unfallfreien Personenkilometer als zweifelhaften Maßstab nimmt. Ich schlage eine andere Bewertung vor: Man nehme eine repräsentative Anzahl von jeweils einigen Hundert Piloten, Busfahrern, Zugführern, Taxifahrern und Schiffska­pitänen, die vor zehn oder mehr Jahren ihren Dienst begonnen haben und die bis heute durchgehend ihren Beruf ausgeübt haben und setze diese Zahlen in Relation zu der Zahl ihrer Kollegen, die in der gleichen Zeit angefangen haben, aber inzwischen bei der Ausübung ihres Berufes umgekommen sind. Ich glaube, nach diesem Maßstab sieht die Sicherheit des Verkehrsmittels Flugzeug gar nicht so gut aus. Aber  glauben heißt nicht wissen. Eine seriöse Statistik würde mich da sehr interessieren.

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In der KÖLNISCHEN RUNDSCHAU war über die Bilanz der zu Ende gegangenen Expo zu lesen. Von den erhofften 40 Millionen Besuchern waren gerade mal 18 Millionen  gekommen und das Defizit betrug am Ende 2,4 Milliarden DM. Am 28.10.2000 habe ich mich dazu geäußert .Wie üblich, durfte. der Shareholder-Value dabei nicht fehlen. Der Brief wurde veröffentlicht

Um ja keine Möglichkeit auszulassen, die Kosten der Expo auf die sagenhafte Summe von 3,4 Milliarden DM zu bringen, hat man einige Schlaumeier (Consulting-Firmen) für wahrscheinlich 6- bis 7-stellige Summen raten lassen, wie viele Besucher wohl zu der Ausstellung kommen werden. Die Birgit Breuel mit ihren Mitstreitern wäre besser mal zu mir gekommen. Ich hätte es viel billiger gemacht. Zunächst einmal hätte ich kräftig an die Stirne getippt, bei der Wahnvorstellung von 40 Millionen Besuchern bei einem Eintrittspreis von 100 DM (mit Parken). Dann hätte ich denen erklärt, dass eine Weltausstellung eine Prestigeveranstaltung des ausrichtenden Staates ist. Kleingeistige Krämermentalität und das unselige Shareholder-Value-Denken, das alles am finanziellen Erfolg misst, haben hier nichts zu suchen.

Wenn schon die Bundesrepublik mit ihrem Land Niedersachsen meint, eine Weltausstellung ausrichten zu müssen, sollte man dafür sorgen, dass die Veranstaltung ein Erfolg wird. Ein Erfolg ist aber nur dann gegeben, wenn so viele Besucher kommen, dass jeder Tag ein Fest wird. Die erhofften 40 Millionen oder auch noch mehr wären gekommen, wenn der Eintritt frei ist oder allenfalls eine Gebühr  von 5 DM verlangt worden wäre. Soweit mein fiktiver Ratschlag, wobei ich mir natürlich den Vorwurf gefallen lassen muss, dass man hinterher immer schlauer ist. Die Ausstellung ist nun mit Katerstimmung zu Ende gegangen. Gemessen an den vorab genannten und erhofften Besucherzahlen war sie ein Flop, wenn nicht gar eine Blamage. An dem Defizit von 2,4 Milliarden DM wird jeder Bundesbürger mit 30 DM beteiligt. Bei freiem Eintritt wären  es 40 DM gewesen. Ich hätte gerne für einen Erfolg der Expo auch das Doppelte bezahlt.

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Im SPIEGEL Nr. 33/2001 erschien Titelgeschichte ein Beitrag über die bereits damals diskutierte Zusammenlegung der Arbeits- und Sozialämter, welche Kosteneinsparungen dadurch zu erreichen wären und dass Arbeitslose, die im sozialen Netz schmarotzen, besser zu kontrollieren wären usw. usw. Am 16.08.01 habe ich an den SPIEGEL dazu geschrieben.

Auch Ihr Beitrag zeugt, wie alles, was ich so in der Presse über das Problem Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe usw. lese, von völliger Blindheit gegenüber dem eigentlichen Problem unserer Gesellschaft: Es wird immer mehr mit immer weniger Menschen produziert, gleichbedeu­tend mit ständig steigenden Arbeitslosenzahlen, und da hilft auch keine Zusammenlegung von Arbeits- und Sozialämtern und keine Kürzung von Unterstützungszahlungen. Es kann wohl letztlich auch in dem als Allheilmittel gepriesenen Dienstleistungs­sektor nicht mehr gedienstleistet werden, als vorher in der Produktion und mit Produkten verdient worden ist.

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In der WIRTSCHAFTSWOCHE Nr.36 erschien ein kritischer Artikel über die Sozialhilfe und sonstigen Sozialbeiträge, wie sehr dadurch der Leistungswille der Betroffenen unterdrückt wird und wie sehr diese Kosten die Wirtschaft belasten  usw. usw. Ich bin kein Wirtschaftswis­senschaftler, aber wahrscheinlich stimmt das alles, zumindest aus Sicht der Leute, für die dieses Magazin gemacht ist.  Mein Brief vom 04.09.01 zu diesem Thema wurde tatsächlich veröffentlicht.

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft: Leistung für Geld – Geld für Leistung. Ein schönes Beispiel dafür sind unsere Spitzemanager, die ihre Leistung in den letzten 10 Jahren teilweise um mehr als das Zehnfa­che gesteigert haben. Man sollte ihnen daher – ohne Neid natürlich – ihr zehnfach höheres Einkommen auch gönnen. Auch unsere arbeits-unwilligen Sozialhilfeempfänger erbringen für ihre „Stütze“ eine hoch einzuschätzende und in Zukunft immer wertvollere Gegenleistung: Sie gefährden allen die Arbeit haben nicht ihr Lohnniveau und allen, die wirklich Arbeit suchen, verbauen sie nicht die Aussicht auf einen Arbeitsplatz. Gönnen wir also auch ihnen ihr Einkommen. Über dessen Höhe kann ja dann immer noch gestritten werden.

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Zu diesem Brief an die RUNDSCHAU  ist eigentlich nicht viel zu sagen, außer dass er nicht veröffentlicht wurde.

RUNDSCHAU vom 15.08.01 -  40 Jahre Mauerbau. Statt zum 40. Jahrestag des Mauerbaus selbstgerechte und schein­heilige Wahlkampfreden zu halten, sollten unsere Politiker (und wir alle) bedenken, dass dieses Bauwerk eine Folge des von einem Wahnwitzigen angezettelten zweiten Weltkriegs war. Insofern sind die bedauernswerten Mauertoten nur die winzig kleine Nachhut der schier unfassbar langen Reihe der 50 Millionen Toten dieses Krieges. Davon waren etwa die Hälfte Zivilisten. Ein Teil davon ist durch monströse deutsche Verbrechen umgekommen. Ein Aufrechnen alliierter Verbrechen verbessert diese Schreckensbi­lanz nicht wesentlich.  Ich halte im Nachhinein die Teilung Deutschlands, die mit dem Bau der Mauer praktisch für immer zementiert schien, für den ersten großen Glücksfall der deutschen Nachkriegsgeschichte und zwar deshalb: Gleich nach dem Weltkrieg standen sich die Alliierten in zwei feindlichen Blöcken gegenüber. Sie verzichteten daher bald auf Bestrafung und  Rache (siehe Morgenthau und weitergehende Pläne), sondern nutzten das Potential der ihnen zugefallenen deutschen Teilstücke zur Stärkung ihrer machtpolitischen Interessen.

Der zweite Glücksfall war der Zusammenbruch des Ostblocks, verursacht fast nur durch die immer größer werdende Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit des Kommunismus und zum Wenigsten durch unsere sich selbst beweihräuchernden Politiker. Bis weit in die achtziger Jahre hatte im Ernst niemand damit gerechnet, auch nicht die Schlauberger, die jetzt und hinterher schon immer gewusst haben wollen, dass es so kommen musste. Ohne den Bau der Mauer wäre dieser Kollaps sicherlich schon eher eingetreten.  Aus der Sicht der östlichen Machthaber war daher dieses schändliche Bauwerk ein Akt der Notwehr, einer Notwehr allerdings gegen das eigene Volk. Aus gleicher Sicht war auch der Schießbefehl legitim, denn die Mauer war ja schließlich nicht gebaut worden, damit die Leute, mit Leitern und Knüppeln versehen, sich den Weg in den Westen freiprügeln können. Wer sich über den Schießbefehl empört, sollte sich darüber klar sein, dass es eben das Recht eines jeden Staates ist, zu bestimmen, wann, wo und auf wen seiner Bewohner geschossen werden darf.

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In der WIRTSCHAFTSWOCHE Nr. 44/2001 erschien ein Leitartikel von Herrn Baron, dem Chefredakteur dieses Blattes. Er jubiliert da über die Segnungen der Globalisierung. Klar, dass ich mich wieder mal herausgefordert fühlte. Der Brief wurde veröffentlicht. Die WIRTSCAFTS- WOCHE, wie schon der Name sagt, ist ein Magazin für eine bestimmte Klientel, deren tatsächliche oder vermeintliche Interessen es vertritt. Es ist daher selbstverständlich tendenziös, ohne dass ihm daraus ein Vorwurf gemacht werden kann. Es spricht aber für die Seriosität dieser Zeitschrift, dass dort auch andere Meinungen veröffentlicht werden.

Sehr geehrter Herr Baron,

Fundamentalisten sind gläubige Menschen. Auf dem Prokrustesbett ihres Glaubens wird alles ihrer extrem einseitigen Sicht der Dinge, ihren Vorstellungen und Wahnvorstellungen  angepasst. Für ein Abwägen und Zweifel, für Nachsicht und Toleranz ist da kein Platz. So haben denn die Fundamentalisten jedweder Couleur nur Unheil in unsere Welt gebracht und werden es erst recht auch in Zukunft tun. Sie, Herr Baron, sind ein Globalisierungs-Fundamentalist.

Mit freundlichen Grüßen.

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Gleich nach den Anschlägen vom 11. September habe ich an den Spiegel geschrieben.

Die Lobbyisten der amerikanischen Rüstungsindustrie und ihr Oberlobbyist W. Busch suggerieren: Rüstung = Sicherheit; High-Tech-Rüstung = totale Sicherheit. In der vergangenen Woche jedoch hat sich herausgestellt, dass unsere Zivilisation und Sicherheit von Feinden bedroht werden, die gezeigt haben, dass High-Tech-Rüstung bis zur Lächerlichkeit unwirksam ist. Der Leichtsinn, der es möglich machte, große Passagierflugzeuge reihenweise und synchron in äußerst wirksame fliegende Bomben zu verwandeln, zeugt von totaler Blindheit für die tatsächlichen Sicherheitsprobleme.  Auch wenn demnächst, wie in Israel demonstriert, eine  Entführung von Flugzeugen so gut wie ausgeschlossen ist, bleibt das Problem des „Heiligen Islamischen Krieges“ mit seinen fanatisierten menschlichen Tretminen und Zeitbomben. Da hilft nur ein Austrocknen der Quellen des Hasses, in erster Linie in Palästina, wo sie seit Sharon mit Unterstützung der USA besonders ergiebig sprudeln. Ich bin davon überzeugt, dass die Anschläge in den USA wahrscheinlich nicht stattgefunden hätten, wenn sich die US-Regierungen ohne Israel zu hätscheln und ohne die Palästinenser und die arabische Welt zu demütigen sich nachdrücklich für einen Frieden im Nahen Osten eingesetzt hätten. Lassen Sie mich noch von einem Alptraum erzählen: Atombomben sind inzwischen so klein, dass sie aus einer Kanone verschossen werden können. In den USA leben nun ganz unauffällig einige Studenten oder Techniker, die heimlich, still und leise aus einge­schmuggelten kleinen Bauteilen eine „Heilige islamische Atom­bombe“ zusammensetzen. Die Teile stammen aus Pakistan, wo schon vor längerer Zeit die „Islamische Atombombe“ bejubelt wurde. Am Tage der Einweihung des wiederhergestellten World-Trade-Centers fallen die Türme und große Teile New Yorks erneut in Schutt und Asche. Was dann? Weltkrieg gegen den Islam?

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Alle Zeitungen und Zeitschriften waren nach den Anschlägen vom 11. September voll davon. Mir ist diese Katastrophe auch sehr nahe gegangen und ich habe mich in einigen Leserbriefen dazu geäußert. So auch mit diesem Brief vom 06.10.01 an den SPIEGEL.

In Ihrem Beitrag wird Atta und seinen Kumpanen Mut und Selbstlosigkeit zugebilligt. Da muss ich widersprechen.  Diese Leute sind nichts weiter als menschliche Hülsen, entleert  von allem, was dem Leben Würde, Sinn und Wert verleiht. Wo sonst das Gewissen ist, befindet sich bei diesen Leuten ein seelenloser Bio-Computer, program­miert auf Hass und Zerstörung. Genau so, wie ein Cruise-Missile, einmal in Marsch gesetzt, weder Mut noch Selbstlosigkeit zeigt, genau so sind diese Werte auch diesen Menschen abzusprechen. Sie trifft aber der geringere Teil der Schuld. Die Hauptschuldigen an dem Desaster vom 11.09. sind die Programmierer dieser menschlichen Cruise-Missiles und ihre Geldgeber aus dem saudisch-wahhabitischen Umfeld.

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Noch unter dem Schock der alptraumhaften Vorgänge des 11. September habe ich am 22.10.01 an die RUNDSCHAU zu diesem Thema geschrieben.

Die USA sind natürlich das bevorzugte Ziel der Terroristen  und als einzige noch verbliebene Weltmacht haben sie es in der Hand, durch eine andere Politik  die vielen Quellen des Hasses zum Versiegen zu bringen, aus denen sich der Terrorismus speist. In erster Linie sollten sie sich mit allem Nachdruck für einen Frieden in Palästina einsetzen ohne die Israelis zu hätscheln und ohne die islamische Welt zu demütigen. Die Fundis unter Scharon verdienen keine bessere Behandlung als ihr islamisches Pendant, wie überhaupt alle Funda­mentalisten jedweder Couleur nur Unheil in unsere Welt gebracht haben und noch  bringen werden.

Mit der schon peinlich rücksichtslosen Rambo-Politik von W. Bush  selbst gegenüber Verbündeten schafft man sich  noch mehr Feinde. Es sollte doch zu denken geben, dass nach den Anschlägen vom 11. September so viele Menschen gejubelt haben oder mehr oder weniger offen ihre Freude und Genugtuung gezeigt haben und das nicht nur in den islamischen Ländern. Ich möchte hier das garstige Thema Politik mit einem Spruch von unserem W. Busch beenden: „Vergebens predigt Salomo, die Leute tun es doch nicht so“ und als Techniker einige Vorschläge machen, wie durch  technische Maßnahmen der Wirksamkeit terroristischer Anschläge entgegengewirkt werden kann. Ich erhebe keinen Anspruch auf  Originalität, denn wahrscheinlich stehen alle meine Vorschläge  wohl schon länger in der Diskussion.

Als die bislang wirkungsvollste Waffe der Terroristen haben sich entführte Passagierflugzeuge erwiesen. Ich kann  nur den Kopf darüber schütteln, mit welcher Leichtigkeit es möglich war, reihen­weise und synchron Flugzeuge in fliegende Bomben zu verwandeln. Dabei ist es doch so simpel, Hijackern den Zutritt zum Cockpit unmöglich zu machen: Das Cockpit erhält ein kugelsicheres Schott. Darin wird eine zweitürige Personenschleuse eingebaut, die so klein ist, dass nur eine Person hineingeht. Die Türen sind nur einzeln zu öffnen und nur von Personen, die sich durch eine automatische Personenidentifikation, z.B. durch eine Iriskontrolle oder was sonst für diesen Zweck geeignet ist, für eine Passage durch die Schleuse legitimiert haben. Es ist also ausgeschlossen, dass Hijacker das Cockpit entern, wenn einer der Piloten die Kabine betritt oder wieder verlässt. Als Nächstes müsste die Kontrolle der Passagiere wesentlich gründlicher gehandhabt werden. Alle müssten vor dem Einschecken in kleinen Kabinen ihr ganzes Gepäck ausbreiten und sich vollkommen entklei­den. Unzumutbar und zu aufwendig werden Sie sagen. Nun, wenn demnächst ein mit 1000 Passagieren besetzter Superjumbo von einem mit Sprengstoff bepackten „Märtyrer des Heiligen Islamischen Krieges“ zum Absturz gebracht worden ist, wird  man über Zumutbarkeit anders denken. Auch wenn in Zukunft die Entführung von Flugzeugen ausgeschlos­sen sein sollte, kann damit noch immer Unheil von apokalyptischen Ausmaßen angerichtet werden. Ich möchte da einen, wie ich meine, durchaus realistischen Fall konstruieren, der sich so oder so ähnlich überall ereignen kann: Da startet in Frankfurt ein Jumbo-Jet nach Saudi-Arabien, beladen bis zum Limit mit schweren Ersatzteilen für die Erdölindustrie. Einer der Piloten ist ein so genannter Schläfer, ganz aus eigenem Antrieb und ganz ohne Verbindung zu einer Terrortruppe, ein autodidaktischer Schläfer gewissermaßen und als solcher auch von den besten Geheimdiensten der Welt nicht zu fassen. Er hasst inbrünstig den Westen und erwartet brünstig als Märtyrer im „Heiligen Krieg“ die Freuden des Paradieses  mit den ihm zustehenden Jungfrauen. Jetzt sieht er die Gelegenheit  gekom­men. Er erledigt seinen ungläubigen Kollegen, macht einem kleinen Abstecher nach Biblis und setzt seine Maschine im Sturzflug präzise auf den Block Biblis A. Diesem Geschoss von 350 Tonnen und einer Geschwindigkeit von 1000 km/h kann die Hülle des Reaktorgebäudes nicht standhalten. Die massiven Verwüstungen und der gewaltige Kerosinbrand im Innern der Anlage setzen alle Notkühleinrichtungen außer Betrieb, der Reaktor schmilzt, die Apokalypse ist da.

Aber zumindest eine Verwendung von Flugzeugen als fliegende Bomben ließe sich auch in dem oben konstruierten Fall vermeiden und zwar so:  Das Flugzeug ist in seiner Komplexität wie kein anderes technisches Erzeugnis dazu prädestiniert, von einem Computer gesteuert zu werden. Der bereits vorhandene Autopilot  könnte durch einen  redundanten Rechner in seiner Funktion so  erweitert werden, dass er bei Bedarf die Piloten ersetzen kann. Dem Autopiloten wird beim Start das Flugziel vorgegeben und die Piloten können das Flugzeug dann nur noch im Rahmen normaler Flugmanöver in einem imaginä­ren Tunnel bewegen. Versuchen sie, den ihnen zugewiesenen Flugraum zu verlassen, übernimmt der den Piloten übergeordnete Rechner die Führung, ebenso wenn die Piloten bei Start und Landung Fehler begehen. (Ich denke da an den Jumbo „Hessen“ der vor einigen Jahren in Nairobi abgestürzt ist, weil die Piloten beim Start die Auftriebshilfen nicht ausgefahren hatten, oder an den Passagierflieger, der irrtümlich in Hamburg auf dem Werksflughafen der dortigen Flugzeugwerft gelandet ist, neben vielen, vielen anderen Unfällen durch menschliches Versagen) Die Automatiksteuerung ist für alle unzugänglich und von niemanden im Flugzeug zu beeinflussen, nur die zuständige Flugleitstelle kann das einmal eingegebene Programm während des Fluges ändern, z.B. um den Piloten freie Hand für eine Notlandung zu geben. Auch wenn z.B. ein durchgeknallter Pilot das Cockpit mit allen Instrumenten demoliert, erreicht der Flieger Dank der Automatik sicher sein Ziel. Wird versucht, den Rechner zu manipulieren, ist der Flieger nicht  mehr startbereit und kann dann nur von Spezialisten der Herstellerfirma repariert werden. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil dieser Automatik wäre, dass die Fluggesell­schaften einen der beiden teuren Piloten einsparen könnten. Aus psycho­logischen Gründen zur Beruhigung der Passagiere  würde ein Pilot vollauf genügen. Die ganze Sache hat natürlich einen Haken: Das Programm für diesen Autopiloten ist allein schon auf Grund der hohen Sicherheitsanforde­rungen außerordentlich umfangreich und kompliziert. Es kann nur von Menschen gemacht werden, und nicht nur Piloten, auch Programmie­rer machen Fehler.

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Die Herren Gysi und Schlauch hatten sich auf Kosten der Allgemein­heit private Flüge genehmigt, ein leider bei vielen Politikern nicht ganz ungewöhnlicher Vorgang. Doch auf Grund dieser beiden Personen war das natürlich besonders schlimm und wurde daher auch entsprechend aufgebauscht. Auch in der WIRTSCHAFTSWOCHE vom 8.8.02 erschien ein von Moralin triefender Leitartikel, in dem zum Schluss der Regierung Schröder unterstellt wurde, Verantwortungslosigkeit und Schmarotzertum zur Staatsdoktrin erheben zu wollen. Das fand ich nun doch sehr überzogen und habe entsprechend wütend reagiert.

Sehr geehrter Herr Baron,  dass Sie eine Scheuklappe nur am rechten Auge haben, muss man als unabänderlich hinnehmen. Dass Sie in Ihren Leitartikeln häufig die Grenze der Seriosität überschreiten und sich dabei in teilweise wüsten Übertreibungen und Einseitigkeiten gegen alles ereifern, was Ihnen links erscheint, ist hinreichend bekannt. Ihre Unterstellung jedoch, Schröder  wolle Verantwortungslosigkeit und Schmarotzertum zur  Staatsdoktrin erheben, liegt noch weit unter Wahlkampfniveau und ist bar allen Anstandes. Sie sollten bald in Rente gehen, bevor Sie diese Zeitschrift auf das Niveau einer permanenten FDP-CDU-Wahlkampfpostille drücken.

Der Brief vom10.08.02 wurde natürlich nicht veröffentlicht, doch hat mich Herr Baron persönlich angeschrieben. Statt „zur Staatsdoktrin zu erheben“ milderte er diese  Aussage aus seinem Leitartikel ab und schrieb nun: „Ich nenne es Verantwortungslosigkeit und Schmarot­zertum zu unterstützen, wenn der „deutsche Weg“ des Bundeskanzlers darin bestehen soll, den verfetteten Sozialstaat in Deutschland weiter zu päppeln“ Ich habe seinen Brief wie folgt beantwortet:

Sehr geehrter Herr Baron,  zurück aus dem Urlaub habe ich Ihren Brief vorgefunden. Dass der Herr Chefredakteur mir persönlich geschrieben hat, hat mich sehr überrascht und meiner Eitelkeit kolossal geschmei­chelt. Vielen Dank!  Um als Rentner nicht zu versauern habe ich einige Hobbys, u.a. schreibe ich Leserbriefe. Ihre Kommentare sind so herrlich einseitig und provokant, dass es mir richtig Spaß macht, dagegen anzuschreiben. Bleiben Sie also schön gesund und Ihrer Zeitschrift noch lange erhalten!

Zu Ihrem Kommentar in Nr.33 möchte ich noch Folgendes sagen: Dass Sie aus solchen bedauerlichen Verfehlungen von Gysi, Schlauch und Co. fast einen Weltuntergang machen, ist einfach lächerlich. Sie sollten mal besser etwas über das legalisierte Gangstertum unserer Manager schreiben die mit aberwitzigen Steigerungsraten ihre ohnehin schon überzogenen Einkommen und Abfindungen erhöhen. Statt diesen Leuten journalistischen Flankenschutz zu gewähren – die bekannte Leier vom Neid der anderen – sollten Sie diese Leute daran erinnern, dass wir in einer Leistungsgesellschaft und nicht in einer Abstaubergesellschaft leben.

Zu dieser ganzen Geschichte fällt mir eine Karikatur in der RUNDSCHAU ein, immerhin in einer Zeitung, die der CDU nahe steht. Die Karikatur zeigt Gysi und Schlauch in einem Flieger sitzend. Draußen fliegt „Engel“ Strauß vorbei. Seine Flügel bestehen aus Geldscheinen und er ruft den beiden zu:„Dilettanten!“

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Im typisch „Kölschen Klüngel“ sind anrüchige oder gar illegale Spendengeschäfte und Schiebereien bekannt geworden, an denen die SPD federführend war. Die Leserbriefe in der RUNDSCHAU  im März 03 füllten ganze Seiten. Da habe ich auch geschrieben.

In Dutzenden von Leserbriefen er(g)eifern sich CDU-Sympatisanten über den SPD-Skandal in Köln und anderswo. Kann ich verstehen, denn Schadenfreude ist doch die schönste Freude. Nachdem öfters das bekannte Glashaus bemüht  wurde, wurde auch mehrfach der Rücktritt des Bundeskanzlers gefordert.

Gestatten Sie, dass ich mich als stark leidendes und kleines linkes Lichtchen auf das gleiche Niveau begebe. Der Unterschied in der Spendenpraxis von CDU und SPD ist doch der: In den Kölner Schiebereien sind, wie ich hoffe, nur untere Chargen der SPD beteiligt. Bei der CDU dagegen hat die oberste Führung „in Anerkennung ihrer erfolgreichen Politik“ (Leserbrief von 21.03.02) dubioses Geld erhalten und unter maffiosen Umständen über Schweitzer Konten gewaschen und verteilt. Wie der Herr, so das Geschärr, besonders in Hessen.

Nun folgt noch ein Satz voll grobschlächtiger Bosheit, den ich hier lieber weglasse. Er war auch nicht so ernst gemeint, sondern sollte nur provozieren

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In seinem Leitartikel in der WIRTSCHAFTSWOCHE Nr.6/2003 kritisiert Herr Baron in vorauseilenden Gehorsam gegenüber dem Großen Bruder die Festlegung von Kanzler Schröder, sich nicht an einem Irakkrieg zu bebeteiligen und behauptet, die Regierung habe dadurch  Deutschland zum Paria gemacht. Klar, dass ich da wieder mal schreiben musste

Sehr geehrter Herr Baron,  auch ich halte Schröders  Festlegung für falsch. (Heute halte ich sie für goldrichtig) Er sollte Nachhilfeunterricht in Diplomatie bei den Franzosen nehmen. Anderseits ist der Anwurf, die Regierung habe Deutschland zum Paria gemacht, typisch made by Sozialisten­fresser Baron. Wenn schon Paria, dann höchstens bei Bush und seiner Rüstungs-Kamarilla. Damit kann und muss man leben. In Abwand­lung einer auf das alte Preußen gemünzten Bemerkung kann man leider heute mit einiger Berechtigung sagen: Andere Staaten haben eine Rüstungsindustrie, die USA aber sind eine Rüstungsindustrie, die einen Staat hat. Trotzdem würde es mich freuen, wenn die USA Sadam zum Teufel jagten und auf Dauer dort sesshaft blieben, allein schon um das Nachbarland zu ducken, aus dem nicht nur Öl sprudelt, sondern auch fast alle Terroristen und ihre Gelder. Was mich nur stört, ist die verlogene und fast schon mit religiösem Eifer betriebene Begründung für einen Eroberungskrieg, wo es doch hauptsächlich um Macht und Öl geht. Ein anderes Thema ist die Ursache für den Terrorismus und die weltweite Solidarisierung islamgläubiger Menschen. Vielleicht trauen Sie sich mal, auch darüber etwas zu schreiben, statt eines weiteren „Führer befiel, wir folgen“-Kommentars.

Mein Brief ist nicht ganz logisch, denn einerseits wünsche ich, dass die USA im Orient sesshaft bleiben, andererseits ist gerade das die Hauptursache für den Terrorismus.

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„Washingtons Ausgrenzungspolitik“ SPIEGEL Nr.51/03. Zwei Briefe an den SPIEGEL und an die RUNDSCHAU zu den wie üblich großspurigen Äußerungen aus US-Regierungskreisen wurden beide veröffentlicht. Gegenüber dem unten stehenden SPIEGEL-Text war der Brief an die RUNDSCHAU  geringfügig anders formuliert. Beide wurden veröffentlicht.

Da wollen in einer neuerlichen Eruption von US-Größenwahn die Herren Bush und Wolfowitz alle Firmen aus Nicht-Hiwi-Staaten von Aufträgen beim Wiederaufbau des Irak ausschließen. Wie wir aber alle wissen, ist das einzige Kriegsziel der USA die Freiheit des irakischen Volkes, nachdem die anderen Ziele entweder nicht vorhanden oder unauffindbar sind. Ist der Irak aber erst einmal wirklich frei und unbesetzt, werden amerikanische Firmen bei Aufträgen wohl keine besonders gute Karten haben. Daher können wir sicher sein: Der Irak wird nie frei.

Und wenn, dann nur als weiterer "Gottesstaat."

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Spiegel Nr. 7/04 – Banken - Manager. Auch wenn ich mich wiederhole, meine Freunde, die Manager, sind die Wiederholungen wert. Es ist immer mehr oder weniger dasselbe: Die Okkupation von Geld und Macht mit ihrer Global Player- und Shareholder-Masche.

Die Vorgänge, die Ihre beiden Artikel beschreiben, reihen sich nahtlos in die vielen ähnlichen Meldungen aus dem Bereich der Wirtschaft. Ich ziehe daraus folgenden Schluss: Exakt mit dem Untergang der Sowjetunion und dem Ende des Kommunismus haben sich die Beherrscher der Wirtschaft sich zu den Herren der Welt aufgeschwungen. Sie kennen nun keinerlei Hemmungen mehr und hetzen zwei tollwütige Hunde namens Globalisierung und Shareholder-Value auf die Menschheit. Die Folgen für die arbeitende Bevölkerung brauchen hier wohl nicht beschrieben zu werden. Die Folgen für unsere Herren Spitzenmanager: Die risikolose Befriedigung ihrer Gier nach Macht und Geld.

Wenn jemand eine Sparkasse überfällt und einige Tausend Euro erbeutet, so ist der Fall klar: Das ist eindeutig kriminell und insofern ist der Räuber ein ehrlicher Krimineller. Wenn die Herren Manager dagegen mit einem Schein des Rechts florierende Firmen zerstören, Menschen ins Unglück stürzen, die Anleger prellen und ihre Einkommen und Abfindungen alle zehn Jahre verzehnfachen, dann ist das unehrlich kriminell.

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Aus Anlass des terroristischen Anschlags auf einen Zug in Spanien mit vielen Toten wurde auch im FOCUS Nr.13/04 ein Artikel darüber veröffentlicht.

Einerseits ist es bedauerlich und kaum zu leugnen, dass islamistische Terroristen die Entscheidung bei den Wahlen in Spanien beeinflusst haben. Andererseits ist dadurch die Entscheidung der spanischen Wähler nicht automatisch falsch. Einerseits haben die USA mit ihrer Gewährung von Narrenfreiheit für Israel und der damit einhergehenden Demütigung der Palästinenser und der ganzen islamischen Welt den Terror erst entstehen lassen. Andererseits muss der Terrorismus bekämpft werden. Nicht jedoch mit Krieg, der mit grobschlächtigen Lügen begründet wird, wie im Irak, die letztlich nur wirtschaftliche Interessen kaschieren. Saudi-Arabien ist doch das Land, aus dem nicht nur das Öl sprudelt, sondern auch die meisten Terroristen, ihre Strategen und vor allem ihre Gelder. Würden die USA dieses Land in altbekannter Kolonialherrenmanier ohne verlogene Begründungen beschlagnahmen und die Wahhabiten auf das reduzieren, was sie schon immer waren, nämlich Kameltreiber, würde ich sagen: In der Bush-Clique sind Lumpen, aber es sind  unsere Lumpen. (Letzteres frei nach Fanklin D. Roosevelt.)

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Im SPIEGEL und in der RUNDSCHAU erschien Anfang Mai 2004 die Meldung, dass ein jugendlicher Hacker wieder einmal ganze Computernetze lahm gelegt hatte. Die Firma Microsoft will das in Zukunft verhindern oder zumindest erschweren, indem sie eine hohe Geldsumme für alle auslobte, die einen Hacker anzeigen. Mein Brief an die RUNDSCHAU wurde veröffentlicht.

Ich gratuliere dem erfolgreichen Hacker, der wieder einmal bewiesen hat, wie mies und unsicher die Programme des  Monopolisten Microsoft sind. Statt das Geld für Denunzianten auszugeben, sollte diese Firma gezwungen werden, jedem erfolgreichen Hacker 250.000 Dollar zu zahlen, zuzüglich Schadenersatz für die betroffenen Firmen und einer Strafe nach US-Maßstäben. Wir müssten dann immer noch mit einem Monopol leben, hätten aber wenigstens sehr schnell sichere Programme.

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Herr Baron, Chefredakteur der WIRTSCHAFTSWOCHE, schreibt in der  Ausgabe Nr.5 vom 27.01.05 über das Weltwirtschaftsforum in Davos. Im Gegensatz zu früheren Jahren fährt er nicht mehr da hin, weil da nicht mehr Managementfragen im Vordergrund stehen, sondern politische Themen, wie Kinderarbeit, Klimawandel, fairer Handel, Aids usw. Fazit seines Kommentars: Freie Fahrt den  Managern! Honorig sollten sie schon sein und auch den Wettbewerb beachten. Der gute Herr Baron äußert da fromme Wünsche. Der Brief wurde in Nr.8/05 veröffentlicht

Sehr geehrter Herr Baron, wenn Sie schreiben, dass die vornehmste soziale und moralische Verantwortung von Managern darin besteht, ihre Unternehmen erfolgreich zu führen, so haben Sie das wieder einmal wunderschön formuliert, und ich würde Ihnen voll  zustimmen, wenn Sie statt Manager Unternehmer geschrieben hätten. Ich denke da an Leute wie Robert Bosch, Werner von Siemens, Alfred Krupp, Ernst Abbe, Walther Rathenau, August Oetker und die Gründer der Firma SAP und an die vielen Tausend kleinen und mittelständischen Unternehmer. Was sind dagegen unsere Manager, speziell die Spitzenmanager? Kriminell überbezahlte und jederzeit ersetzbare Shareholder-Value-Fetischisten und Globalisierungs-Fanatiker, die meisten ohne Moral und soziale Verantwortung und leider auch noch allzu oft ohne Erfolg bei der Unternehmensführung, es sei denn, man sieht den Abbau von Arbeitsplätzen und die Auslagerung oder Zerschlagung von Unternehmen als einen Erfolg an.

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Im SPIEGEL erschien Anfang März eine Titelgeschichte über die Arbeitslosigkeit. In meinem Brief  vom 09.03.05 habe ich mich zu einem Problem geäußert, das die hiesige Arbeitslosigkeit noch zusätzlich verschärft.

Schröder wird nicht nur von den Globalisierungs-Fetischisten in die Zange genommen, sondern auch von den nicht  vorhergesehenen Auswirkungen an sich gut gemeinter Gesetze. So kann man sagen, falls man es gut mit Schröder meint. Wenn nicht, will ich das, was zu sagen ist, lieber der CDU überlassen. Da werden massenhaft durch ausländische Ich-AGs heimische Arbeitsplätze zerstört. Diesen Leuten durfte man niemals einen Firmenstatus zubilligen und allen, die gewerbsmäßig ausländische Arbeitskräfte vermitteln, sollte man wie Schleuserbanden behandeln und darüber hinaus alle die  schlauen Manager und Betriebsleiter, die von diesen Angeboten Gebrauch machen, wegen Unterstützung krimineller Vereinigungen belangen. Ich bin davon überzeugt, dass sich an dem Problem Arbeitslosigkeit in Zukunft nichts ändern wird, zumindest nicht zum Besseren, auch nicht im Falle eines schwarz-gelben Wahlsieges.

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In der RUNDSCHAU vom 12.03.05 erschien die Meldung über eine Verschärfung des Versammlungsrechts, um damit der Provokationen der unbelehrbaren Gestrigen Herr zu werden. Wie sagte Brecht: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das alles kroch.“

Das Versammlungsrecht darf in einer Demokratie nicht eingeschränkt werden, es sei denn es handelt sich um Versammlungen krimineller Organisationen. Wenn es angeblich  nicht möglich ist, das dem braunen Abschaum zu verbieten, kann man denen doch einfach ihre Wirkung in der Öffentlichkeit nehmen, indem man streng zwischen Versammlungen und Zusammenrottungen unterscheidet. Versammlungen sind  Veranstaltungen in Sälen, Hallen, Stadien und auf den dafür vorgesehenen Plätzen. Alle anderen  Zusammenkünfte sind Zusammenrottungen und damit verboten. (Ausnahme: Kölle Alaaaaf! usw.) Ich fühle mich in meinen bürgerlichen Freiheiten keineswegs beeinträchtigt, wenn es mir nicht gestattet ist, auf öffentlichen Plätzen zu provozieren oder mit Straßenblockaden und Demonstrationen Unbeteiligte zu belästigen

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In der WIRTSCHAFTSWOCHE vom 05.05.05 erschien der  erste Teil eines Vorabdruckes des neuesten Buches von Jack Welch „WINNING“ mit der dazugehörigen Hymne des Chefredakteurs. Jack Welch, dieser im Urteil seiner Kollegen äußerst erfolgreiche Shareholder-Value-Roboter, war schon immer mein „Freund“. Ich musste also wieder einmal was schreiben. Der Brief wurde in der Ausgabe 22/05 veröffentlicht. Allerdings wurde der letzte Satz von der Redaktion gestrichen.

Alle wirtschaftlichen Aktivitäten müssen sich lohnen. Das zu beachten und zu bewirken ist Aufgabe der Manager. Um zu beurteilen, ob ein Manager gut, groß oder gar ein Jahrhundert-Manager war, ist sein wirtschaftlicher Erfolg nicht der alleinige Maßstab. WAS ZÄHLT, was wirklich zählt ist die Anzahl der Arbeitsplätze, die er während seiner Tätigkeit geschaffen hat. Jack Welch hat seine Laufbahn mit gut 400.000 Mitarbeitern begonnen und am Ende waren es  gut 300.000. Er hat also 100.000 Arbeitsplätze vernichtet und ist somit nur eine miese Figur. Daran ändert sich auch nichts, wenn er von interessierter Seite in den siebenten Managerhimmel gehoben wird. Er ist lediglich der erfolgreichste Götzendiener  dieses t ollwütigen Molochs, genannt Shareholder-Value.

Laut  FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND vom 13.3.2009 soll Welch gesagt habe, dass seine Überzeugung bezüglich Schareholder-Value eine "dumme Idee" gewesen sei. Es sei falsch, dass Manager und Investoren den stetigen Ergebnisanstieg und ständige Aktienwertsteigerungen als überragendes Ziel festsetzen. Weiter sagt er: "Genau betrachtet ist  Shareholder-Value die blödeste Sache der Welt. Shareholder-Value ist ein Ergebnis, keine Strategie; die wichtigsten Interessengruppen sind die eigenen Mitarbeiter, die eigenen Kunden und die eigenen Produkte."  Sieh an!
Die Aktienkurse, die gegen Ende seiner Amtszeit ihren Höchststand erreicht hatten. sind heute ungefähr nur noch ein Zehntel davon wert. und GE schreibt rote Zahlen.

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Die Demoskopen hatten einen klaren Sieg der CDU/CSU vorausgesagt. Das Wahlergebnis war aber denkbar kapp. Als die Zusammensetzung der neuen Regierung nach der Bundestagswahl 2005 noch nicht feststand, wurde mein nachfolgender Leserbrief  in gekürzter Form am 01.10.2005 in der RUNDSCHAU und in Nr.42/05 der WIRTSCHAFTSWOCHE veröffentlicht.  Hier ist die ungekürzte Fassung. Was die Parteien betrifft, war meine Voraussage goldrichtig. Beachtlich, wenn man das frühe Datum berücksichtigt. Beachtlich auch, wie falsch ich Frau Merkel eingeschätzt hab, so falsch, dass es mir noch heute peinlich ist.

Kaum einer kann mit dem Ausgang dieser Wahl zufrieden sein. Leider haben die beiden großen Volksparteien abgewirtschaftet. Die Folge davon ist, dass das Parteienspektrum immer mehr ausfranst und es könnte sein, dass wir bei einer der nächsten Wahlen neben den Dunkelroten als 6. Partei die Braunen im Bundestag sitzen werden. Weimar lässt grüßen! Schröder ist zweifellos ein prächtiger Wahlkämpfer, nur scheint es mir, dass ihm der nötige Weitblick fehlt. Er möchte unbedingt eine Kanzlerin Merkel verhindern. Doch sollte er sich lieber mit den Gegebenheiten abfinden und eine große Koalition anstreben und zwar unter folgenden Vorgaben:

  1. Er selber verzichtet auf die Kanzlerschaft.
  2. Frau Merkel wird Bundeskanzlerin.
  3. Das Grundgesetz wird geändert, und es wird das Mehrheitswahlrecht eingeführt, wie in vielen großen und stabilen Demokratien üblich ist. Die beiden großen Parteien verfügen zusammen – noch – über eine Verfassung ändernde Mehrheit, die sie bei der nächsten Bundestagswahl wohl nicht mehr haben werden.
  4. Nur unter diesen Voraussetzungen sollten dann bald  Neuwahlen stattfinden.
  5. Sonstige Koalitionsvereinbarungen sind Nebensache.
In Deutschland leben mehr als genug konservative Wähler. Diese Leute sollte Schröder in sein Kalkül einbeziehen, denn viele von denen haben die Demoskopen belogen und Frau Merkel dann doch nicht gewählt und werden es auch in Zukunft nicht tun. Daher sollte Schröder den Herren Koch & Co, die wie weiland er selber an den Toren des Kanzleramtes rütteln, keinen Gefallen tun und unbedingt auf Frau Merkel als Bundeskanzlerin bestehen. Zweifellos ist Schröder  (noch?) der große Hoffnungsträger der SPD. Doch sollte man auf Frau Merkel als weitere Hoffnungsträgerin der SPD nicht verzichten.   (? ? ?)

Es irrt der Mensch, so lang er strebt. (Goethe?) Jedenfalls nicht von mir.

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Am 24.10.05 behandelte ein Artikel die Wahlanalyse der CDU. Mein Brief dazu wurde nicht veröffentlicht. Vielleicht hätte ich die „konservativen Spießer“ besser weggelassen und nur „echte Konservative“ geschrieben und besser auch das Giften gegen die Junge Union unterlassen.

Die Analyse für das schlechte  Wahlergebnis kann sich die CDU sparen. Hier sind die Gründe:

a.)  Frau Merkel ist eine Frau, keine Kinder, geschieden, evangelisch und auch noch ein Ossi. Alles zusammen verursacht bei einem Konservativen, erst recht bei einem konservativen Spießer einen Seelenkrampf, besonders bei den Mißfelders der Jungen Union, falls die überhaupt eine Seele haben. Über diesen Punkt a.) wird  natürlich nur hinter vorgehaltener Hand  getuschelt.

b.)  Die meisten Wähler möchten lieber belogen werden als unangenehme Wahrheiten hören. Reinen Wein einzuschenken und einschneidende Maßnahmen zur Sanierung des Haushalts vor der Wahl anzukündigen war der entscheidende taktische Fehler von Frau Merkel. Damit hätte sie mal besser bis nach einer eindeutig gewonnenen Wahl gewartet.

c.)  Schröder ist ein guter Wahlkämpfer.

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Im SPIEGEL Nr.34/05 erschien ein Interview mit Joachim Fest und eine Rezension seines Buches “Ich nicht.“ und auch ein Interview mit Günter Grass zu seinem Buch „Beim Häuten der Zwiebel.“ und seinem späten SS-Geständnis. Auch Fest hat sich wie viele andere aus dem rechten Spektrum der Gesellschaft  kritisch über Grass geäußert und verstieg sich zu der Behauptung, Grass sei „tief verstrickt“ in den Nationalsozialismus gewesen. Mir ist absolut unklar, worin für einen 17-jährigen Bengel, der per Zufall beim chaotischen Untergang des „Tausendjährigen Reiches“ für einige Wochen oder Monate in die SS geraten ist, die „tiefe Verstrickung“ bestanden haben soll. Selbst einer wie Hans Globke war nicht tief verstrickt  sondern nur verstrickt .Ich hatte von Fest immer eine hohe Meinung und muss nun sehen, dass auch er nur ein sehr beschränkter konservativer Agitator ist. Aus welchen Gründen sollte Grass diese unbedeutende Episode früh publik machen und der BILD-Zeitung zu einer dreckigen Kampagne verhelfen? Etwa so: „Günter Grass - gestern SS, heute SPD!“ Jedenfalls fühlte ich mich als Linker zur Solidarität mit Grass verpflichtet.

Ich gratuliere Herrn Fest zu seinem großartigen Vater. Doch frage ich mich, was aus ihm wohl geworden wäre, wenn er in dem gleichen familiären Umfeld aufgewachsen wäre wie Günter Grass. Dieser wandelte sich absolut überzeugend von einem Nazi-Bengel zu einem guten Demokraten, wenn auch manchmal etwas nervend. Was unter gleichen Voraussetzungen aus Joachim Fest geworden wäre, ist ungewiss. Ich vermute mal, der Chefredakteur der “Deutschen National- und Soldatenzeitung.“

Als ich den Brief geschrieben habe, lebte Joachim Fest noch. Heute würde ich den Brief  nicht so schreiben. Lieber Joachim Fest, wenn Du aus deinem konservativen Himmel auf mich hernieder schaust, verzeih mir meine boshafte Unterstellung. Zu Deinen Lebzeiten hätte ich Dich gerne damit geärgert.

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